Kurz vor Abstimmung im Bundestag: Lobbybrief an Abgeordnete abgeliefert

Abgabe Lobbybriefe an die Abgeordneten

 

Bald wird es im Bundestag zur fünften Abstimmung über das Bundeswehrmandat für Syrien und den Irak kommen. Am 11. Oktober um 13.35 Uhr wird im Bundestag die erste Lesung zum Bundeswehreinsatz in Syrien und dem Irak stattfinden. Den Antrag der Bundesregierung auf "Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte zur nachhaltigen Bekämpfung des IS-Terrors und der umfassenden Stabilisierung Iraks" findest Du hier. Unten findest Du unseren Lobbybrief an die Abgeordneten von SPD, CDU/CSU, FDP, den Grünen und den Linken.

 

Liebe*r Abgeordnete,

spätestens im Oktober dieses Jahres steht die Fortsetzung des Bundeswehreinsatzes in Syrien und dem Irak im Deutschen Bundestag zur Abstimmung.

Seit der letzten Beschlussfassung zur Verlängerung des Mandats ist die Lage in der Region wesentlich komplizierter geworden. Der IS, dessen Bekämpfung Grundlage des Mandats war, ist militärisch weitgehend besiegt. Das Kommando der Koalitionsstreitkräfte in Bagdad wurde im April 2018 geschlossen, der Einsatz für beendet erklärt. Gleichzeitig treten globalpolitische Interessenlagen, und die sich daraus ergebenden Konflikte, zunehmend in den Vordergrund. Über allem schwebt die Gefahr des Scheiterns des Atomabkommens mit dem Iran - aufgrund der Haltung der USA verschärfen sich die Spannungen zusehends.

Der iranisch-US-amerikanische Konflikt führt schon jetzt zu schweren innenpolitischen Konflikten im Irak und erschwert die Regierungsbildung wesentlich. Das Niederbrennen des iranischen Konsulats in Basra und der Beschuss der US-amerikanischen Botschaft in Bagdad mit Granaten im September sprechen Bände. Die irakische Wirtschaft wird schwer unter den US-Sanktionen gegen den Iran leiden. Die Frage des Umgangs damit polarisiert die innenpolitische Auseinandersetzung im Irak weiter. Die völkerrechtliche Grundlage eines weiteren Einsatzes ist fragwürdig, da die demokratische Grundlage fehlt. Der Versuch der geschäftsführenden irakischen Regierung und der USA, durch die Wiederinkraftsetzung des „Strategic Framework Agreements“ eine Verlängerung ohne Beschluss des irakischen Parlaments zu erreichen, zeigt dies überdeutlich. Aktuelle Bestrebungen in den USA, als Iran-nah wahrgenommene Personen des öffentlichen Lebens im Irak zu sanktionieren, unterstreichen den geringen Respekt vor der irakischen Souveränität zusätzlich.

In Syrien ist der IS ebenfalls weitestgehend besiegt. Damit entfällt auch hier die, ohnehin umstrittene, völkerrechtliche Argumentation für den Koalitionseinsatz, wie der wissenschaftliche Dienst des Bundestages in einem Gutachten vom 28.6.2018 (WD 2 – 3000 – 029/18) feststellt. Der Einsatz türkischer, US-amerikanischer, französischer und anderer Truppen in Syrien wird von der völkerrechtlich anerkannten Regierung in Damaskus abgelehnt und ist damit völkerrechtswidrig. In Syrien zeigt die mit dem Einsatz verbundene US-Forderung nach dem Abzug des Irans deutlich, dass es nicht um die Bekämpfung des IS geht.

Die Menschen in Syrien und dem Irak leiden schwer unter der durch Krieg und Sanktionen zerstörten Wirtschaft. Massenarbeitslosigkeit, Armut, Dürre und oft fehlender Zugang zu sauberem Trinkwasser führen, abseits der außenpolitischen „Befeuerung“, zu schweren sozialen Unruhen, wie im September durch verunreinigtes Trinkwasser in Basra. Eine Ausbildungsmission für Sicherheitskräfte lässt die Ursachen dieser Konflikte außer Acht. Schlimmer noch, sie ist aufgrund der mangelnden Legitimierung und ihrer Bedeutung im Konflikt zwischen den USA und dem Iran geeignet, bestehende Konflikte weiter anzuheizen und politische Lösungen zu erschweren.
Bitte bedenken Sie vor diesem Hintergrund, dass die Förderung von zivilen Maßnahmen zur Überwindung der sozialen Misere mehr zur dauerhaften Stabilisierung beiträgt, als die Bewaffnung und Ausbildung von Sicherheitskräften.

Aus den o.a. Erwägungen heraus appellieren wir an Sie:

Lassen Sie nicht zu, dass sich die Erosion des Völkerrechts durch die Einsätze in Syrien, aber auch im Irak, fortsetzt. Setzen Sie sich stattdessen für zivile Maßnahmen ein, die die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort verbessern, und so die Stabilisierung fördern und dem Terrorismus seinen Nährboden entziehen. Dazu gehört u.a. die wenigstens teilweise Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien. Beenden Sie das durch den militärischen Niedergang des IS sinnlos gewordene Mandat für „Resolute Support“. Betrachten Sie die Sinnhaftigkeit eines Bundeswehreinsatzes zum Fähigkeitsaufbau (Capacity Building) im Irak aus der Perspektive der Zivilbevölkerung. Lassen Sie nicht zu, dass das Engagement der Bundeswehr in Syrien und dem Irak im Rahmen von Koalitionen, Deutschland möglicherweise tiefer in den iranisch-US-amerikanischen Konflikt hineinzieht. Verteidigen Sie Völkerrecht und Grundgesetz.

Stimmen Sie gegen eine Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Syrien und dem Irak!

Mit freundlichen Grüßen

Die Sprecher*innen der Kampagne "MACHT FRIEDEN. Zivile Lösungen für Syrien"

 

Mach mit! Auch Du kannst vor der Abstimmung im Bundestag noch einmal aktiv werden. Gerne kannst Du unseren Lobbybrief nutzen, um diesen in Deinem Namen postalisch oder per Mail an die Abgeordneten Deines Wahlkreises zu schicken.

Hier gibt es den Lobbybrief an die Abgeordneten des Bundestages als PDF-Datei.