Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zu möglichen Luftschlägen in Syrien

Bild Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages

 

Aufgrund von Überlegungen der Bundesregierung sich an möglichen militärischen „Vergeltungsaktionen“ gegen die syrische Regierung zu beteiligen, hat der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages ein Gutachten mit dem Titel: "Rechtsfragen einer etwaigen Beteiligung der Bundeswehr an möglichen Militärschlägen der Alliierten gegen das Assad-Regime in Syrien" erstellt. Das Dokument erschien am 11.09.2018 und ist hier online abrufbar.

 

Auszüge aus dem Text: 

"[...] Das erwähnte Bundestagsmandat für die Beteiligung der Bundeswehr an der Operation „Inherent Resolve“ würde eine etwaige Beteiligung der Bundeswehr an alliierten Militärschlägen gegen Giftgas-Fazilitäten des Assad-Regimes in Syrien nicht abdecken, da der Kampf gegen den sog. „IS“ von seiner militärischen Zielsetzung her, aber auch im Hinblick auf die Aufgaben und das Einsatzgebiet etc. von einer möglichen Militäroperation gegen die syrische Regierung deutlich zu unterscheiden ist.

Für eine etwaige Beteiligung der Bundeswehr an möglichen Militärschlägen gegen das Assad-Regime in Syrien wäre daher verfassungsrechtlich eine neue Mandatierung durch den Deutschen Bundestag erforderlich (dazu unter 3.), wobei der ins Auge gefasste Militäreinsatz nach den Regeln des ius ad bellum völkerrechtskonform (dazu 2. und 3.1.) sowie verfassungskonform (dazu 3.2.) sein muss."

 

"[...] Da es aufseiten der Alliierten an einer Selbstverteidigungslage nach Art. 51 VN-Charta fehlt, stünde eine Rechtfertigung möglicher Vergeltungsschläge völkerrechtlich auf äußerst „wackeligen“ Füßen.

Von besonderer Brisanz ist in diesem Zusammenhang die Diskussion um die Fortentwicklung der Regelungen über das völkerrechtliche Gewaltverbot sowie seiner geschriebenen und ungeschriebenen Ausnahmetatbestände.

[...] Vor diesem Hintergrund würden sich etwaige „Vergeltungsschläge“ gegen Syrien als Reaktion auf einen Chemiewaffeneinsatz der Assad-Regierung im Ergebnis wohl als völkerrechtswidrig (Verstoß gegen das völkerrechtliche Gewaltverbot gem. Art. 2 Ziff. 4 VN-Charta) erweisen."

 

"[...] Die Teilnahme Deutschlands an einem völkerrechtswidrigen Militäreinsatz kann niemals verfassungskonform sein. Ein völkerrechtlicher Verstoß gegen das Gewaltverbot (Art. 2 Ziff. 4 VN-Charta, s.o. unter 3.1.) schlägt über Art. 25 GG auch auf die verfassungsrechtliche Ebene durch, da Art. 25 GG die innerstaatliche Geltung des völkerrechtlichen Gewaltverbots anordnet. So hat das BVerfG in diesem Zusammenhang etwa festgestellt, dass deutsche Staatsorgane verpflichtet seien, bindende Völkerrechtsnormen zu befolgen; darüber hinaus dürften deutsche Staatsorgane nicht an einem Verstoß von Drittstaaten gegen allgemeine Regeln des Völkerrechts (zu denen das völkerrechtliche Gewaltverbot nach Art. 2 Ziff. 4 VN-Charta zählt)
mitwirken.

Somit kommt es im Ergebnis nicht darauf an, ob Deutschland sich mit Bundeswehr-Tornados aktiv am Kampfgeschehen bzw. an der Zerstörung von Chemiewaffen-Fazilitäten der syrischen Regierung beteiligt; auch die (bloß) militärisch-logistische Unterstützung eines solchen Militäreinsatzes wäre nach dem Recht der Staatenverantwortlichkeit als Unterstützung eines völkerrechtwidrigen Handelns selber völkerrechtswidrig."


Wir weisen in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf unsere Pressemitteilungen vom 12.09.2018 hin:
"Keine Beteiligung Deutschlands an Luftangriffen"